Existenzgründung und Erfahrungswissen

vom 08.07.2014

Ein Fachartikel von Ulrich Bendel, BBA/Diplom-Bankbetriebswirt, Mühl Christ Partner Management Consulting GmbH, Limburg

Probleme bei der Existenzgründung

Untersuchungen zeigen: Die Angst vor dem Scheitern hält Menschen in Deutschland relativ häufig davon ab, überhaupt zu gründen. Die Gründe für das Scheitern sind vor allem: kaufmännische Defizite, fehlendes Alleinstellungsmerkmal der Geschäftsidee, unklare Vorstellungen zur Kundenzielgruppe, ungenauer Finanzierungsplan, überschätzter Umsatz, keine klare Beschreibung der Produktidee. In einer Ausbildung oder einem Studium erworbenes Fachwissen reicht regelmäßig nicht aus, um ein gegründetes Unternehmen erfolgreich zu führen. Bei Gründungen wird das Erfahrungswissen häufig unterschätzt.

Erfahrungswissen – was ist das?

Erfahrungswissen ist das Wissen aus handelnd erlebter Erfahrung einschließlich der dabei gewonnen Erkenntnisse. Die praktische Erfahrung wird erworben im wiederholten Umgang mit einer Sache – Learning by Doing plus dabei gewonnener Einsichten. Erfahrungswissen führt zum Erfolg, ohne dass jedoch immer gesagt werden kann, wie. Es stützt sich auf die Kenntnis vieler vergleichbarer Situationen mit unterschiedlichen Anforderungen.

Erfahrungswissen – warum ist das wichtig?

Erfahrungswissen ist besonders wichtig, wenn schnell entschieden und unmittelbar eingegriffen werden muss. Erfahrungswissen hilft in Fällen, die nicht vollständig durchschaubar sind. Erfahrungswissen hilft auch, sich anbahnende Probleme frühzeitig zu erkennen und ihnen vorzubeugen. Erfahrungswissen ermöglicht Handlungssicherheit.

Erfahrungswissen – wie kann es erworben werden?

Erfahrungswissen und Handlungsfähigkeit lassen sich durch verschiedene Formen der Weiterbildung und durch Beratung verbessern. Ganz wichtig ist auch die Handlungsbereitschaft. Viele Gründer sehen es zum Beispiel als verlorene Zeit an, einen Geschäftsplan zu erarbeiten: zukünftiges Geschehen könne nicht vorhergesehen werden. Aber gerade beim Geschäftsplan kann Erfahrungs- und Handlungswissen effizient genutzt werden. Der Geschäftsplan erfordert vom Gründer, sich detailliert mit seiner Geschäftsidee auseinanderzusetzen, zukünftige Probleme vorherzusehen, Zusammenhänge zu erkennen und Fragen von Kreditgebern zu beantworten. Allerdings: realistische Annahmen für das zukünftige Geschäft zu entwickeln, ist mangels Erfahrungswissen besonders schwierig und meist nur im Dialog mit branchenerfahrenen Fachleuten, Freunden und/oder Beratern möglich. So lernt der Gründer wichtige Interdependenzen kennen zwischen Umsatz, Kundenwünschen, Preisen, Kosten, Qualität, Wertschöpfung, Kapitalbedarf und Liquidität. Er lernt, wichige Indikatoren und Stellgrößen seines Geschäfts einzuschätzen. Gründungspläne fallen dann regelmäßig zu optimistisch aus, wenn die gewählten Annahmen mangels Erfahrungen unrealistisch sind.  

Der Arbeitsprozess selbst vermittelt die Erfahrung. Das Wissen sollte möglichst bereits in der Pre-Start-Up-Phase erworben werden. Empfehlenswert ist eine Tätigkeit als selbständiger Subunternehmer oder Freelancer. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Selbständigen mindert die Risiken von Gründern. Vorteilhaft kann es sein, das Unternehmen gemeinsam mit einem oder mehreren Partner zu gründen, die entsprechendes Erfahrungswissen mitbringen. Auch ein „Teilzeitunternehmen“ (Nebenerwerbsgründung) ist ein Weg, Erfahrungen zu sammeln. Ein Unternehmen muss nicht „auf der grünen Wiese“ gegründet werden. Man kann ein bestehendes Unternehmen kaufen, eine Beteiligung eingehen und die Nachfolge eines Unternehmers antreten. Unter den Fittichen des bisherigen Firmeninhabers lässt sich bis zur eigenen Übernahme viel erfahren: Stärken und Schwächen von Mitarbeitern, Produktentwicklungen zusammen mit Kunden, Beziehungen zu Banken, Aufbau von Beziehungsnetzwerken. Der Transfer des benötigten Wissens ist regelmäßig im Interesse des Noch-Inhabers.

Welche Rolle spielt ein Berater?

Die Gründungsberatung in Deutschland ist stark auf Rechts- und Steuerfragen sowie auf Förderungsmöglichkeiten fokussiert. Die wahren Herausforderungen liegen jedoch woanders. Der Gründer muss die Eigenschaften eines Unternehmers mitbringen und das bedeutet: ziel- und ergebnisorientiert, selbstbewusst, risikofreudig und flexibel zu agieren. Diese Eigenschaften muss der potentielle Gründer selbst hinterfragen oder mit einem Dritten erörtern. Ein erfahrener Berater kann kritisches Feedback geben. Dabei fungiert er als externer Profi, der Impulse von außen gibt.

Quelle: Klaus Dielmann, Erfahrungswissen in der Beratung – speziell Gründerberatung

Ulrich  Bendel  ist  zertifizierter  Unternehmensberater  CMC/BDU  und  Restrukturierungs-  & Sanierungsberater (IfUS-Institut an der SRH Hochschule Heidelberg)

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