Die vier wichtigsten Maßnahmen gegen Shitstorms - Moderne Kommunikation und ihre Schattenseiten

vom 04.02.2014

von Jens-Oliver Müller - Rechtsanwalt und Notar

Sie sind die Schattenseite der modernen Kommunikationswege: Shitstorms. Als Shitstorm bezeichnet man umgangssprachlich die Anhäufung von negativen Kommentaren auf einem Social-Media-Auftritt eines Unternehmens, einer Organisation oder einer Person.

Quantitativ zeichnet sich ein Shitstorm durch eine in kurzer Zeit sehr stark erhöhte Zahl und Frequenz von Kommentaren und Interaktionen der Nutzer mit bzw. auf den Social Media Auftritten aus. Qualitativ ist festzuhalten, dass die Tonalität der Beiträge dabei deutlich negativer als üblich und dazu meist emotional aufgeladen ist.

Anders als bei sonstiger Kundenkritik ist charakteristisch für einen Shitstorm die öffentliche Sichtbarkeit der Kritik oder Anfeindungen. Shitstorms und Social-Media-Krisen sind in ihrer konkreten Gestalt ein Merkmal unserer Zeit. Unternehmen müssen lernen, damit umzugehen. Die vier wichtigsten Maßnahmen sind Prävention, Notfallplan, Training und Intervention.

Maßnahme 1: Prävention
Um einem Shitstorm präventiv begegnen zu können, hilft die systematische Auseinandersetzung Ihres Unternehmens mit allen relevanten und potenziellen Themen, die an Ihr Unternehmen herangetragen werden können. Bedenken Sie dabei: Auch Krisen Ihrer Branche können zu einem Problem werden, auf das Sie regieren müssen.
Dazu sollten Sie Ihr Unternehmen so aufstellen, dass es sich am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung beteiligt. Vor allem aber sollte Ihr Unternehmen so flexibel aufgestellt sein, dass es sich an das öffentliche Geschehen anpassen kann.
Social Media- und Online-Monitoring, also das Durchsuchen und Auswerten relevanter Internet-Inhalte, ist dazu ein wichtiger Aspekt. Seien Sie immer darüber informiert, was über Sie gesprochen und veröffentlicht wird. Das schließt einen Shitstorm zwar nicht aus, führt aber dazu, dass er Sie nicht überrascht.

Maßnahme 2: Notfallplan
Erstellen Sie einen Notfallplan. Beantworten Sie sich dafür folgende Fragen:

  1. Was kann passieren? An welchen Stellen sind wir angreifbar?
  2. Welche Kommunikationswege können für einen Shitstorm genutzt werden?
  3. Wer muss in das Handling eines Shitstorms einbezogen werden (Krisen-Team)?
  4. Wer trägt die Verantwortung für Postings und Antworten von Unternehmensseiten?
  5. Welche Sprachregelungen gelten?
  6. Lohnt sich das Anlegen von vorgefertigten Inhalten (z. B. ein Gerüst für Stellungnahmen oder ganze Webseiten)?
  7. Welche Online-Gesprächsführungstechniken können wir einsetzen?

Maßnahme 3: Training
Bilden Sie Ihre Mitarbeiter aus. Dazu bieten zum Beispiel Verbände und Kammern wie die IHK Gießen/Friedberg Lehrgänge im Bereich Community- und Social Media Management an. Daneben empfiehlt es sich, Krisensituationen und Shitstorms im Unternehmen zu simulieren. Dazu kann etwa eine geschlossene Facebook-Gruppe hilfreich sein oder professionelle Simulationstools, die wie ein Flugsimulator für Shitstorms eingesetzt werden.

Maßnahme 4: Intervention

Tobt ein Shitstorm, ist schnelle Reaktion gefragt, ohne unüberlegt oder überhastet zu reagieren. In der ersten Zeit, nach Aufflammen der Kritik, steht die Analyse im Vordergrund und die Vorbereitung der ersten offiziellen Reaktion von Seiten Ihres Unternehmens.

  1. Keine Panik! Bewahren Sie Ruhe!
  2. Beobachten Sie die Diskussion und demonstrieren Sie Anwesenheit.
  3. Entfernen Sie beleidigende Aussagen aus Nutzerbeiträgen.
  4. Definieren Sie Ihre Ansprechpartner (Gegner und Verbündete).
  5. Finden Sie die Ziele Ihrer Gesprächspartner heraus.
  6. Kündigen Sie Einschränkungen der Kommunikationsmöglichkeiten an mit der Begründung von Rechtsverstößen und Einschränkungen für die eigenen Kunden und weisen Sie auf die noch vorhandene Möglichkeit des Meinungsaustausches in den Kommentaren zu vorhandenen Beiträgen hin.
  7. Vollziehen Sie die Ankündigung.
  8. Stellen Sie die Ursache des Shitstorms ab und lösen Sie Versprechen ein.

Dabei dürfen Sie nicht willkürlich handeln und müssen auch in sozialen Netzwerken den Vertrauensschutz der Nutzer beachten. Grund: Wer den Nutzern erlaubt, auf seinen Seiten Beiträge zu hinterlassen, muss auch kritische sowie unangenehme Äußerungen hinnehmen und darf diese nicht einfach löschen. Erst wenn die Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit der Nutzer den Betrieb der Social-Media-Seite behindert, dürfen verhältnismäßige Maßnahmen für die Zukunft ergriffen werden. Beachten Sie bei allem immer, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Meinungskultur im Internet extrem hohen Schutz genießt und auch hitzige Debatten geschützt sind, selbst wenn das Ansehen eines Beteiligten angekratzt wird.

 

Der Autor ist Fachanwalt für Informationstechnologierecht bei Kleymann, Karpenstein & Partner mbB (www.kleymann.com) in Wetzlar. Unter der Marke ComCit (www.comcit.com) hat er bei KKP spezialisierte Rechtsberatung im Bereich des Informationstechnologie- und Urheberrechts aufgebaut. Zusammen mit weiteren Partnern betreibt er den Shitstorm-Notruf (www.shitstormnotruf.de).